Festival Rümlingen

NACHRUF

Peter Ablinger (1959–2025)

Peter Ablinger ist gegangen. Einer der prägenden Rümlinger Komponisten, ein Freund und Weggefährte. Schön war er im 2022 nochmal da und ging mit uns weiss/weisslich den Weg von Kilchberg nach Oltingen.


ich stehe am herd meiner alten küche in warschau und koche cafe. wie immer denke ich dabei an dich und unsere ungelöste frage ob man den cafe im kalten oder heissen wasser vor dem kochen umrührt … und jedesmal will ich dir beweisen das ich es schaffe, es nicht zu überkochen … gleich werde ich erfahren, das du gegangen bist. die zeit bleibt stehen. 

 

ein ungewöhnlich warmer frühlings tag. die apfelbäume blühen und der leichte wind lässt sie schweben und fallen auf den saftlig grünen rasen. die binnen arbeiten fleissig und die strasse summt von weiten gefährlich. 

voller dankbarkeit, höre ich dich überall. der himmel ist gross in warschau. du hättest freude. 

du wars klar und direkt. humorvoll und wunderbar ironisch. respektvoll und achtsam. stur und konsequent. es war so schön mit dir zu lachen, streiten, sprechen, schweigen.

 

ich bin dankbar für jede minute mit dir, für jedes mail, für jeden spaziergang, jedes gespräch, jedes glas gemeinsam getrunkenen wein … du hast unsere blickwinkel verschoben damit wir so viel mehr sehen, hören, wahrnehmen können. 

deine Kunst lebt weiter in uns und wird bleiben, da sie einfach da ist. 

 

Ich bin zurück in Basel und packe die Einkäufe aus. Die farbigen plastiktüten rascheln. Ich weiss du grüsst mich.

Sylwia Zytynska


Peter Ablinger – nachgerufen

«Instrumente und ElektroAkustisch Ortsbezogene Verdichtung». Ein komplizierter Titel für eine Werkreihe, lieber Peter, in dem aber, schaut man näher hin, präzise benannt ist, was Deine Musik ausmacht: Sie ist vor Ort, mit Instrumenten oder Elektronik oder einfach so, und sie ver-dichtet unsere Wahrnehmung, im physischen und im poetischen Sinne.

Näher hinschauen, vor allem näher hinhören – Deine große Mission in Kompositionen, Workshops, Gesprächen; mich hat sie eindrücklich erreicht, und das Festival Rümlingen ist bis heute untrennbar mit dieser Idee verbunden.

«Ich sage, was ich höre» – dass Du mir zum Festival Rümlingen 2022 eine performative Outdoor-Version dieses Weiss/Weisslich 11e verpasst hast, war mir eine Ehre – und eine treffsicher verdichtete Berufsbeschreibung, die mir immer einfällt, wenn im Alltagswust der Dramaturgin und Rundfunkredakteurin einmal der Kompass verloren zu gehen droht.

Danke, danke – und mögest Du weiter mit Begeisterung hören, wo immer Du jetzt bist!

Lydia jeschke

Peter Ablinger: weiss/weisslich, Festival Rümlingen 2022


 Oh Peter, es ist traurig und schrecklich dass Du so früh und plötzlich gehen musstest!

 

Seitdem wir uns vor fast vierzig Jahren in Wien zum ersten Mal begegnet sind und unsere Freundschaft begann, hatte ich viele Gelegenheiten Musik von Dir zu spielen. Das wunderbare Trio «Verkündigung» für Flöte, Saxophon und Klavier hat damals nicht nur auf uns Musiker, sondern auch auf viele andere Komponisten großen Eindruck gemacht.

 

Ich erinnere mich auch sehr lebendig an einen nebligen, regnerischen Nachmittag, etwa 1987, an dem wir auf einer Autobahnbrücke bei Pratteln Tonaufnahmen der verbeirauschenden Autos gemacht haben und Du diese Aufnahmen dann in einem Zuspielband zu Solostück «Escapse» in ganz anderem Kontext verwendest.

 

Dein Trio «Die Läuterung des Eisens», das wir mit dem Trio Accanto 1995 in Rümlingen aufführen durften, war nicht nur der Start einer langen Reihe von Werken (die versuchen auch mit elektronischen Mitteln die Zeit zu verdichten), es war auch eine Art Startschuss Deiner Karriere, viele Aufgaben folgten.

 

Deine fortwährende Hinterfragung dessen was Hören, was Musik ist, ja wie wir uns im Hören quasi erst erschaffen, hat mich viele Dinge verstehen lassen. Durch Dein Werk hast Du immer versucht diese Bereiche gegen die Vereinnahmung durch intellektuelle Reduktion zu verteidigen. Ja mit den Worten «Musik ist nicht wahr» bedeutest Du den Raum der Musik, der eben jenseits der Worte liegt.

 

Dass Du aber nicht nur ein großer Kenner der Kunst und der Geschichte warst, sondern vor allem auch einer der Dinge am Wegrand, der Pflanzen, Tiere und Steine, konnte ich zuletzt auf einem mehrtägigen Spaziergang entlang der romanischen Kirchen im nördlichen Harz erfahren.

 

Du warst so ganz in der Gegenwart, mit weitem Horizont. Du fehlst mir.

Marcus Weiss

Peter Ablinger «Nicht-Westliches Hören» ein Ort mit Weitblick, Festival Rümlingen 2018


oben am Waldrand sieben sich im Wind bewegende kubische Beduinenzelte- einfach gebaut -Holzstreben und Leintücher- der Himmel offen- im Inneren Teppiche -Schuhe ausziehen- stehen ,sitzen ,liegen, nicht sprechen, hören, schauen, verweilen- in den offenen Himmel träumen-schmeichelnd öffnet der Wind die Tücher – Anna und Meret servieren Pfefferminztee-Peter steht unweit davon und hört die Landschaft -den Lärm die Stille-so schön….mir kommen die Tränen

Christian Dierstein


«Peter hat die Grenzen von dem, was Musik sein kann, kontinuierlich erweitert und immer wieder von neuem und ganz anders über Wahrnehmung nachgedacht. Wir sind dankbar, dass Rümlingen Teil seiner akustischen Forschungsreise sein durfte.»

Daniel Ott